Wie Kann Additive Fertigung On Demand Helfen, die Widerstandsfähigkeit der Lieferkette zu Erhöhen?

26 Mai 2021
on-demand additive manufacturing

Die zunehmende Ausfallsicherheit der Lieferkette in der Fertigung ist ein Trend, der nicht so schnell verschwinden wird. Während die Just-in-Time Fertigung (JIT) ihre Anfälligkeit für Störungen in der Lieferkette bewiesen hat, findet die Fertigung On-Demand eine breitere Resonanz, da Unternehmen auf der ganzen Welt versuchen, das Risiko ihrer Abläufe zu verringern.

Warum die digitale On-Demand Fertigung auf dem Vormarsch ist

Die JIT-Fertigung ist für viele Unternehmen, die eine schlanke Produktion anstreben, der Eckpfeiler ihrer Geschäftspraxis. Sie stellt eine Strategie zur Beseitigung von Verschwendungen dar. Sei es Material, Lagerbestände oder Zeit, hier werden Verschwendungen eliminiert in dem ein Produkt oder eine Dienstleistung nur auf Anfrage des Kunden erstellt werden. 

Durch die Lieferung genau der richtigen Menge zum richtigen Zeitpunkt müssen Hersteller keinen großen Bestand am Lager vorhalten und sparen so die Kosten, die mit nachgelagerten Beständen verbunden sind.

Während das Konzept attraktiv klingt, besteht die Realität vieler Unternehmen, die JIT-Fertigung einsetzen, darin, dass sie ihre Zulieferer zwingen müssen, Lagerbestände zu führen, anstatt sie selbst zu führen und dann kurze Vorlaufzeiten für Komponenten zu fordern (und zu erhalten), damit die Produkte einfach von ihnen montiert und dann an den Kunden versandt werden können.

Ein solcher Ansatz hat jedoch auch mehrere Nachteile. Zum Beispiel kann er anfällig für jede Art von Unterbrechung der Lieferkette sein, wie die COVID Pandemie und dann der Vorfall am Suezkanal gezeigt haben. 

Da es keine Lagerbestände gibt, auf die man zurückgreifen könnte, könnte eine geringfügige Unterbrechung in der Belieferung von Unternehmen, die im JIT-Modus arbeiten, von nur einem Lieferanten, die Produktion kurzfristig und sehr schnell zum Stillstand bringen. 

Auf der anderen Seite bietet die additive Fertigung On-Demand eine Alternative zu langen Lieferketten und verändert die gesamte Herangehensweise an die Produktion und Lagerhaltung von Artikeln und Komponenten. 

Die aktuellen Möglichkeiten der additiven Fertigung bieten eine sehr viel schnellere Druckgeschwindigkeit und eine bessere Prozesssicherheit als noch vor einigen Jahren. Gleichzeitig entstehen Lösungen, die die Fertigung On-Demand weiter erleichtern, wie digitale Lagerbestände und Software für eine sichere verteilte Produktion.

Die Vorteile der additiven Fertigung auf Abruf

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[Image credit: Parts on Demand]

Produktion am Bedarfsort 

AM macht es möglich, Teile  in den Mengen zu produzieren, in genau der benötigten Menge,  in der diese bestellt werden. 

Der Hauptgrund dafür ist, dass der 3D Druck die Herstellung von Teilen direkt aus einer digitalen Konstruktionsdatei ermöglicht, ohne die Verwendung von Werkzeugen, wie z. B. Gussformen, deren Kosten durch eine feste Mindestbestellmenge amortisiert werden müssen. 

Ohne auf einer Mindestbestellmenge zu bestehen, ermöglicht AM die kostengünstige Produktion von Bauteilen schon ab einer Stückzahl von einem Stück.

Darüber hinaus treibt AM dank seiner digitalen Natur das Aufkommen digitaler Lagerbestände voran – eine virtuelle Lagerung von Teilen, die sonst Platz in einem physischen Lager einnehmen würden.

In einem digitalen Inventar können Sie eine beliebige Anzahl von Artikeln zusammen mit deren Produktions- und Nachbearbeitungsanforderungen speichern. Sobald die Nachfrage nach einem bestimmten Artikel auftaucht, kann die Produktion auf Knopfdruck starten, vorausgesetzt, die Kapazitäten und Materialien sind vorrätig.

Dezentrale Produktion: Näher am Verbraucher 

Die digitale AM On-Demand Fertigung kann sogar noch weiter gehen, wenn man digitale Bestände mit einem dezentralen Produktionsnetzwerk koppelt. 

Durch spezialisierte Software, die dabei hilft, eine digitale Brücke zwischen Produktionspartnern zu schaffen, können Unternehmen 3D Dateien und Daten einfach und sicher mit Zulieferern und Subunternehmern austauschen. Auf diese Weise können sie Gegenstände nicht nur dann in 3D drucken, wenn sie oder ihre Kunden diese benötigen, sondern auch näher an dem Ort, an dem diese Gegenstände verwendet werden sollen. 

Obwohl sich dieses Konzept noch im Anfangsstadium befindet, haben mehrere Organisationen bereits Pilotprojekte und POCs gestartet, um die Machbarkeit zu beweisen. 

So hat sich beispielsweise der amerikanische Hersteller Moog mit Microsoft, ST Engineering und Air New Zealand zusammengetan, um zu demonstrieren, wie der On-Demand 3D Druck der Luft- und Raumfahrtindustrie zu Gute kommen kann. 

Für dieses Projekt wurde mit einer Boeing 777-300, die nach dem Start in Auckland zum Flughafen Los Angeles unterwegs war, ein Proof of Concept durchgeführt, in dessen Mittelpunkt die Simulation eines gebrochenen Kabinenteils stand.

Nach Erreichen der Reiseflughöhe meldete die Flugbesatzung der Wartung in Auckland, dass sie ein Stoßdämpferteil in der Business Premier Klasse austauschen müsse – das zwischen Sitz und Monitor sitzt, um sicherzustellen, dass der Sitz nicht beschädigt wird, wenn der Bildschirm in die Standardposition zurückgeschoben wird.

Das Wartungsteam nutzte seinen Zugang zu einem digitalen Teilekatalog, der vom MRO-Anbieter von Air New Zealand, ST Engineering mit Sitz in Singapur, hochgeladen wurde, und bestellte das Ersatzteil. 

ST Engineering fand heraus, wo das Ersatzteil in Los Angeles 3D gedruckt und direkt an den Flughafen geschickt werden konnte.  

Durch den digitalen Austausch von Konstruktionsdateien und den Einsatz eines 3D Druckers vor Ort konnte das Teil noch vor der Landung des Flugzeugs hergestellt werden. Innerhalb von 30 Minuten nach der Landung war das Teil ausgetauscht, und das Flugzeug konnte seine drei weiteren geplanten Flüge absolvieren, bevor es nach Auckland zurückkehrte. 

Nach Angaben von Moog hätte die Lieferung dieses Ersatzteils auf herkömmliche Weise eine Vorlaufzeit von 44 Tagen gehabt, und des Weiteren wären rund 30.000 US-Dollar an Umsatzverlusten durch Ausfälle entstanden.  

Die Schaffung eines verteilten Produktionsnetzwerks, das ähnliche Szenarien ermöglichen würde, ist eindeutig am Horizont zu sehen. Unternehmen, insbesondere solche, die umfangreiche Lagerbestände unterhalten und eine schnelle Lieferung von Ersatzteilen benötigen, müssen sich Gedanken machen, wie sie diese Chance nutzen und sich einen Wettbewerbsvorteil sichern können.

Parts on Demand
Image credit: Parts on Demand

Bessere Produktanpassung 

Die additive Fertigung auf Abruf ermöglicht eine auf jede Charge zugeschnittene Produktion mit wenig Einschränkungen für die Produktanpassung. 

Die additive Fertigung erschließt neue, einfacher anpassbare Möglichkeiten, da es keine teuren Werkzeugänderungen auf Basis individueller Spezifikationen erfordert. Beim 3D Druck können die Konstruktionsdaten einfach auf Basis der Kundenanforderungen geändert und dann an einen 3D Drucker übertragen werden. 

Das bedeutet, dass die Komplexität, die mit der Individualisierung einhergeht, keine zusätzlichen Kosten verursacht. Ein 3D Drucker benötigt nicht mehr Zeit, Energie oder Material für die Herstellung einer komplexen Form als für eine einfache, und der Verzicht auf Werkzeuge bedeutet, dass der Druck verschiedener Designs keine zusätzlichen Produktionskosten erfordert.

Der 3D Druck von kundenspezifischen Artikeln auf Anfrage ist besonders vorteilhaft für Branchen, die genau auf die Bedürfnisse der Verbraucher eingehen müssen, wie das Gesundheitswesen. 

Bei der On-Demand Fertigung von kundenspezifischen Produkten spielt die Software wieder eine entscheidende Rolle. Der steigende Trend zur Mass Customization machte Software für Konfiguration, Scannen und 3D Modellierung noch beliebter. Solche Lösungen können schnell und kostengünstig Kundenwünsche zusammenstellen und das Endprodukt vorhersehen.  

Zusätzlich zur Online-Konfigurationssoftware müssen Unternehmen, die kundenspezifische Produkte mit 3D Druck herstellen wollen, einen klaren Arbeitsablauf für die Erstellung, Nachbearbeitung und Auslieferung kundenspezifischer Artikel einrichten. 

Dies kann jedoch eine Herausforderung sein: Eine Frage, die sich bei der Verwendung des 3D Druckes zur Herstellung kundenspezifischer Teile stellt, ist, wie man sehr ähnliche Teile, die in einem Build gedruckt wurden, identifizieren kann. 

Hier gibt es mehrere mögliche Lösungen, darunter die Verwendung eines gedruckten Etiketts, 3D Scannen, die Verwendung von QR-Codes und MES-Software, um eine bessere Rückverfolgbarkeit zu ermöglichen.

Herausforderungen der additiven Fertigung On-Demand 


Das Einrichten einer Anlage für Fertigung On-Demand geht über den Kauf von AM-Systemen hinaus. Da sich AM von der traditionellen Fertigung unterscheidet, erfordert die Verwendung von AM im On-Demand Produktionsmodell einen erheblichen Schrittwechsel. Im Folgenden heben wir einige Bereiche der Transformation hervor, die Sie berücksichtigen müssen, um von der additiven Fertigung auf Abruf zu profitieren.  

Design für additive Fertigung

Es ist eine weit verbreitete Meinung, dass der Hauptengpass bei der Implementierung von AM On-Demand als Produktionsalternative in den Materialien und Prozessen liegt.

Während es in diesen Bereichen noch einige Einschränkungen gibt, ist eine der größten Herausforderungen beim Einsatz von AM in der Produktion, das Design für die additive Fertigung (DfAM). 

AM funktioniert am besten, wenn die Teile für die Verwendung mit dieser Technologie ausgelegt sind. Das bedeutet oft, dass CAD-Modelle, die für die traditionelle Fertigung entworfen wurden, für den 3D-Druck nicht brauchbar sind, es sei denn, sie werden neu entworfen und für die Anforderungen der AM-Prozesse optimiert. 

Die Notwendigkeit eines Re-Designs stellt eine Herausforderung dar, da es ein hohes Maß an Fachwissen und Investitionen in das Testen der neuen Designversionen erfordert.  

Aufbau eines digitalen Inventars

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Advanced additive MES software can be used to create a digital part inventory [Image credit: AMFG]

Wie oben hervorgehoben, ist die Schaffung eines digitalen Inventars eine Möglichkeit, die Unternehmen helfen kann, wirklich von der additiven Fertigung On-Demand zu profitieren. 

Einige Unternehmen versuchen, eine digitale Datenbank mit 3D Dateien in gemeinsamen Ordnern zu erstellen. Dieser Ansatz ist jedoch nicht sehr effizient: Es fehlt höchstwahrscheinlich die Konnektivität mit Ihrem Produktionsmanagementsystem und Sie müssten die Dateien jedes Mal herunterladen, wenn Sie diese 3D gedruckt haben möchten. 

Ein besserer Ansatz wäre es, eine spezielle Software zu verwenden, um CAD Modelle UND deren Produktionsanforderungen zu speichern. 

Ein einziges System zur Speicherung digitaler AM Ersatzteile macht es einfach und unkompliziert, die Konstruktionsdatei und alle notwendigen Daten über das Teil, wie z. B. den erforderlichen Prozess und das Material, zu finden. 

Eine weitere Voraussetzung für eine digitale Inventur ist die Konnektivität mit Ihren anderen IT Systemen wie ERP und MES. Wenn Sie Ihr virtuelles Inventar und Ihre Produktionsmanagementsoftware digital verknüpfen, können Sie Teile bestellen und mit einem Mausklick in die Produktion schicken, was letztlich enorm viel Zeit und Aufwand spart.

Siehe hierzu auch: 4 Wege, wie die digitale Inventarisierung Ihre Additive Fertigung unterstützen kann (EN)

Zukunftssichere Lieferketten mit additiver Fertigung auf Abruf 


Auf dem Weg in eine Post-Pandemie Ära suchen Unternehmen nach einem zukunftssicheren Fertigungsprozess. Für 84 % der Unternehmen ist eine Fertigung On-Demand laut einer
aktuellen Umfrage von Fictiv eine der entscheidenden Lösungen. 

Das bedeutet, dass sich AM On-Demand bei einer weiteren, nicht beeinflussbaren oder unvorhergesehen Situation wie z.B. COVID-19 als unschätzbares Werkzeug in den Bemühungen Ihres Unternehmens erweisen könnte, Ihre wesentlichen Lieferketten auf möglichst flexible, effiziente und nachhaltige Weise am Laufen zu halten. 

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